Ein Nachteilsausgleich ist sowohl für Regelschüler:innen als auch für Studierende interessant und sollte bestenfalls in Anspruch genommen werden. Nachfolgend findet ihr Informationen speziell für die Regelschule und für das Studium. Mehr hilfreiche Informationen findet ihr auch in unserem Reiter „Ratgeber & Recht“.
Nachteilsausgleich für Regelschüler:innen |
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Es gibt eine ganze Reihe von Tipps, die Schwerhörigen das Leben an der Regelschule wesentlich erleichtern können. Oft macht schon eine Kleinigkeit (wie z.B. Filzgleiter unter die Stühle zu kleben) eine enorme Verbesserung aus. Beim Umsetzen aller Tipps bist du natürlich auch auf die Kooperation und Mitarbeit deiner Lehrkräfte, aber auch deiner Mitschüler:innen angewiesen.Was kannst du tun, damit deine Lehrkräfte dich unterstützen?
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Was kannst du tun, um dich an der Regelschule besser zurechtzufinden? |
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Verbesserung des Umgangs: Persönliches für die Lehrkräfte
Verbesserung der Akustik: Organisatorisches/Akustisches den Raum betreffend
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Gesetzliche Grundlagen (hier aus der Schulordnung von NRW) |
Allgemeine Schulordnung (AScho) für Nordrhein-Westfalen§ 22 Abs. 2, Schriftliche Arbeiten und Übungen, Randnummer 16: Behinderten Schülerinnen und Schülern sind Erleichterungen in Form von technischen Hilfsmitteln zu gewähren. Es gibt keinen allgemeinen Bewertungsgrundsatz, dass solchen Schülerinnen und Schülern zeitliche Vergünstigungen gewährt werden ( VGH Hes, Kassel, 16. 9. 1964, SPE n.F. 600, Nr. 2 ). Bei der Gewährung entsprechender Erleichterungen steht der Schule kein Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu. Art und Umfang der Erleichterungen sind danach auszurichten, dass die Beeinträchtigung voll ausgeglichen wird. Vergleichsmaßstab sind insoweit die Bedingungen der nicht behinderten Schülerinnen und Schüler. Art und Bemessung der Ausgleichsmaßnahmen sind danach auszurichten, das dem Grundsatz der Chancengleichheit möglichst vollständig Genüge getan wird (VGH BaWü, Mannheim, Beschl. v. 26. 8. 1993, SPE n.F. 600, Nr. 16.Dies bedeutet, dass deine Lehrkräfte dir einen gewissen Nachteilsausgleich gewähren müssen. Und zwar in dem Maße, dass deine Beeinträchtigung so ausgeglichen wird, dass du in der Lage bist, genauso wie deine hörenden Klassenkamerad:innen dem Unterricht zu folgen bzw. deine Aufgaben zu erledigen. Eine gute Auflistung verschiedener Nachteilsausgleiche findet man hier: http://integrationskinder.org/schule/nachteilsausgleich.htm |
Du wirst nicht von einer Beratungslehrkraft betreut? |
An jeder größeren Schwerhörigenschule gibt es spezielle Förderstellen (mobiler sonderpädagogischer Dienst), die schwerhörige Schüler:innen an Regelschulen betreuen. Wenn du bisher nicht von einer solchen Stelle betreut wirst, dann bitte deine Eltern, sich für dich schlau zu machen und die für dich zuständige Stelle zu finden. Schulen mit dem Förderschwerpunkt Hören gibt es in folgenden Städten: Baden-Württemberg:
Bayern:
Brandenburg:
Hessen:
Mecklenburg-Vorpommern:
Niedersachsen:
Nordrhein-Westfalen:
Rheinland-Pfalz:
Saarland
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Stadtstaaten:
Thüringen
Deine Beratungslehrkraft kann dir immer helfen und mit Rat und Tat zur Seite stehen. Sie kann auch ein aufklärendes Gespräch mit deinen Lehrkräften führen und somit auch über deine Hörminderung und den damit verbundenen Besonderheiten aufklären, aber z.B. auch einen Nachteilsausgleich für dich aufsetzen. Die Betreungslehrkraft ist dein Ansprechpartner für alle Probleme im schulischen Bereich, die mit deiner Hörschädigung zusammenhängen. |
Quellen und weiterführende Informationen |
Nur weil du studierst, hast du keinen Anspruch auf einen Nachteilsausgleich? Zum Glück doch! Anbei haben wir mehrere Begründungen sowie Beispiele für dich zusammengetragen. Selbst wenn die Universität oder Hochschule dir deinen Nachteilsausgleich nicht gewähren möchte, solltest du auf jeden Fall Widerspruch einreichen und dafür kämpfen.
Nachteilsausgleich im Studium – Begründung |
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Prof. Lindner, ehem. Lehrstuhlinhaber für Phonetik an der Humboldt-Universität in Berlin, wurde vom Behindertenbeauftragten der Bundesregierung gebeten, eine Denkschrift zur Situation Hörgeschädigter im Studium zu verfassen. Die Schrift führt folgende Gründe für eine Prüfungszeitverlängerung an:
Die Denkschrift schließt mit den Worten: Prof. Lindner argumentiert hier aus der Perspektive eines Sprachwissenschaftlers und Hörgeschädigtenpädagogen. Seine Aussagen lassen sich weiter stützen durch Erkenntnisse aus dem Bereich der Neurophysiologie. Vor allem US-amerikanische Studien weisen sog. „kritische Perioden“ in der kindlichen Sprachentwicklung nach. Das sind Zeitabschnitte, in denen qualitativ unterschiedene Bereiche des Sprachvermögens sukzessive ausgebaut werden. Man nimmt drei Perioden des Sprachlernens an:
Eine Beeinträchtigung des Hörens während einer dieser kritischen Perioden (v.a. während der ersten Periode) kann eine Beeinträchtigung der Sprachkompetenz zur Konsequenz haben. In medizinischen Forschungsberichten werden negative Auswirkungen frühkindlicher Mittelohrentzündungen auf die Sprachentwicklung von Schulkindern nachgewiesen. Wenn schon eine nur vorübergehende Hörstörung solche Konsequenzen hat, um wieviel mehr muss sich eine dauerhafte Hörbehinderung auf die Entfaltung der Sprachkompetenz auswirken! |
Rechtliche Grundlagen |
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Das im Grundgesetz verbriefte Recht, „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ (GG Art.3, Absatz 3, Satz 3) erhält durch das neue Sozialgesetzbuch IX und das Gleichstellungsgesetz wichtige Konkretisierungen für Menschen mit (Hör-)Behinderung in Ausbildung und Studium. Die wichtigste Änderung ist die in Art. 1 § 6 des Gleichstellungsgesetzes vollzogene Anerkennung der Gebärdensprache als eigenständige Sprache. Das Berufsbildungsgesetz wird laut Artikel 41 des SGB IX ergänzt um § 48a: „§ 48a Berufsausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen (1) Regelungen nach den §§ 41 und 44 sollen die besonderen Verhältnisse behinderter Menschen berücksichtigen. Dies gilt insbesondere für die zeitliche und sachliche Gliederung der Ausbildung, die Dauer von Prüfungszeiten, die Zulassung von Hilfsmitteln und die Inanspruchnahme von Hilfeleistungen Dritter wie Gebärdensprachdolmetscher für hörbehinderte Menschen.“ Und nach Art. 28.2 des Gleichstellungsgesetzes wird § 16 des Hochschulrahmengesetzes wie folgt geändert (nach Satz 3 wird folgender Satz eingefügt): „Prüfungsordnungen müssen die besonderen Belange behinderter Studierender zur Wahrung ihrer Chancengleichheit berücksichtigen.“ Mit beiden Gesetzesnovellierungen ist der rechtliche Rahmen dafür geschaffen, dass behinderte Studierende und Auszubildende einen Anspruch auf eine adäquate Modifikation ihrer Prüfungen geltend machen können. Dies können sie u.E. auch dann, wenn noch keine entsprechenden Landesgesetze verabschiedet wurden und in den Ausbildungs- und Prüfungsordnungen der Hochschulen diese Gesetzesvorgaben noch nicht umgesetzt wurden. Quelle: http://www.best-news.de/?stud_regelungen |
Auf was habe ich als Mensch mit Hörschädigung im Studium konkret Anspruch? |
Quelle: http://www.best-news.de/?stud_regelungen Die Uni Hamburg hat dies noch ein wenig detaillierter formuliert:
Es lassen sich auf der Homepage der Uni Hamburg außerdem noch spezielle Informationsmaterialien finden. Es sollte aber beachtet werden, dass diese Regelungen unter Umständen nur in Hamburg gelten! Dennoch darf jedoch davon ausgegangen werden, dass diese Bestimmungen denen in anderen Bundesländern zu weiten Teilen entsprechen. Quelle u.a.: http://www.uni-hamburg.de/studieren-mit-behinderung/beratung/nachteilsausgleiche.pdf |
Wie beantrage ich einen Nachteilsausgleich? |
Das kann so pauschal nicht beantwortet werden, da das Beantragen von Hochschule zu Hochschule verschieden ist. Sehr häufig kann einem aber schon die Homepage der Universität oder der/dem „Behindertenbeauftragten“ (sofern vorhanden) oder die Studienberatung weiterhelfen. In der Regel können (und sollten) die entsprechenden Anträge gleich zu Beginn des Studiums beim Prüfungsamt eingereicht werden. Diese besitzen dann oft über die gesamte Studiendauer hinweg Gültigkeit. Der formlose Antrag sollte mit einer ärztlichen Bescheinigung über Art und Schwere der Hörbehinderung und evtl. mit einer pädagogischen Stellungnahme zur Begründung der Maßnahme eingereicht werden. |